Unibz-Professorinnen gegen Einrichtung Sonderklassen

BOLZANO - "Mit Erleichterung haben wir die Nachricht vernommen, dass es in Bozen keine Sonderklasse geben wird für Kinder und Jugendliche, denen von Seiten ihrer Schule geringe Deutschkenntnisse attestiert werden. Dies ist beruhigend und zwar weder aus ideologischen noch aus politischen Gründen, sondern schlicht aus wissenschaftlicher Sicht." Dies erklären Simone Seitz und Heidrun Demo, Direktorin bzw. stellvertretende Direktorin des Kompetenzzentrums für Inklusion im Bildungsbereich an der Freien Universität Bozen in Brixen. "Ganz allgemein hat die Schule nicht die Aufgabe, Kinder nach ihren vorab erworbenen Kompetenzen zu sortieren, sondern gerade umgekehrt, allen Kindern gleichermaßen Bildung und damit auch den Erwerb der so wichtigen sprachlichen Kompetenzen zu ermöglichen", fahren die beiden Professorinnen fort. "Die anspruchsvolle Aufgabe der Schule ist es folglich, Kindern unterschiedlicher Lebenslagen und Vorerfahrungen in der Schulklasse als einer „Gemeinschaft der Verschiedenen" den Erwerb von Wissen und die Entfaltung ihrer Persönlichkeit zu ermöglichen. Die Trennung von Kindern nach sozialen Kategorien wie Migrationserfahrungen ist daher fachlich gesehen widersinnig. Dass Kinder eine Sprache kaum lernen können, wenn sie hierfür systematisch ausgerechnet von den Kindern getrennt werden, die diese Sprache sprechen, ist nicht nur alltagslogisch gesehen klar, sondern wurde auch wissenschaftlich in vielen Studien gezeigt." "Dem internationalen Wissensstand folgend kann eindeutig gesagt werden, dass Sonderklassen dieser Art nicht effektiv sind, sondern sich lernhinderlich auswirken. In vielen Studien wurde gezeigt, dass den solcherart ausgesonderten Kindern mit systematisch abgesenkten Erwartungen begegnet wird und sich die Erfahrung von Marginalisierung und Segregation negativ auf die persönliche und soziale Entwicklung der Betroffenen auswirkt. Sonderklassen werden von den Kindern und Jugendlichen als Abwertung und Beschämung durch Erwachsene erlebt - sie sind demotivierend und bringen die Kinder und ihre Familien in Distanz zur Schule. Zudem lernen die in den „ausgelesenen" Klassen verbleibenden Kinder auf diesem Weg, dass es legitim ist, Kinder aufgrund bestimmter sozialer Merkmale aus der Gruppe auszuschließen und sie zu benachteiligen - eine höchst problematische pädagogische Botschaft einer Schule", so Seitz und Demo. "Bezogen auf den Unterricht ist seit langem klar, dass es keine homogenen Lerngruppen gibt und ein Unterricht, in dem alle Kinder zum gleichen Zeitpunkt auf exakt die gleiche Art zum gleichen Lernziel gebracht werden können, eine Illusion darstellt. Guter Unterricht, darüber besteht auch international Einigkeit, basiert auf der Idee der Heterogenität einer Lerngruppe", so die Aussendung.

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